
Die Emotion sagt nicht „ICH“ /
Adorno-Preisträger Georges Didi-Huberman: „Die Not, seinen Schmerz
auszudrücken, ist die Bedingung jeder Wahrheit“
Georges Didi-Huberman gehört zu den führenden Philosophen und Kunsthistorikern Frankreichs. 2015 erhielt er in Frankreich den Th. W. Adorno-Preis. Als Hochschullehrer lehrt er an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris). Sein Domizil im 10. Arrondissement in Paris ist vollgestopft mit Büchern und moderner Kunst.
In sechs Bänden schrieb Georges Didi-Huberman eine „Geschichte des Auges“. Ausgangspunkt sind vier Fotografien, die ein Sonderkommando aus Häftlingen unter den extremen Bedingungen der Tötungslager in Auschwitz machte und über Partisanen zur Veröffentlichung der Welt übergab. („Bilder trotz allem“). An solcher Widerstandslinie der menschlichen Wahrnehmung entlang, also vom Punkt der Not und nicht des künstlerischen Luxus, entfaltet Didi-Huberman eine Theorie der Moderne. Er stützt sich auf die Frankfurter Kritische Theorie (Benjamin, Adorno) ebenso wie auf Brecht, Eisenstein und moderne französische Philosophen wie Gilles Deleuze und Georges Bataille. Immer wieder tritt für ihn der Mnemosyne-Atlas in den Blick, den Aby Warburg von 1912 bis 1928 als eine enigmatische „Zeittafel“ zusammenstellte.
Besuch in der aktiven Gedankenwerkstatt von Georges Didi-Huberman in Paris. Spannnend und informativ.