Hat das Gehirn einen eigenen Kopf?
Dr. Andrew Plested: "Was macht Neuronen glücklich?"
In der Evolution entwickeln sich die Gehirne vor allem bei Lebewesen, die auf das Jagen angewiesen sind. Dieses einzigartige Organ, mit seinen Milliarden Zellverbänden, besitzt eine verblüffende "Plastizität", d.h. Anpassungsfähigkeit an Unvorhergesehenes. Es ist aber unwahrscheinlich, sagt die Biophysik, dass das Gehirn sich bei seiner konkreten Arbeit selbst wahrnimmt. Das, was wir das "Selbstbewusstsein" oder das "Gefühl" nennen, hat seinen Sitz fast überall im Körper: in der Haut, der Leber, den Ohren, den Augen, den Muskeln, aber nicht notwendig im Kopf selbst, obwohl wir uns das so vorstellen. Vermutlich liegt das Bewusstsein im Zwischenraum, also in der Kooperation aller evolutionär entstandenen Teile von uns Menschen (und mit ihnen verwandten Tieren).
Die Gehirnforscher untersuchen sowohl das Zusammenspiel riesiger Neuronenmassen wie auch das Funktionieren einzelner Neuronen. Wann fühlen sich Hirne (falls sie "fühlen") glücklich? Was macht sie konfus und macht sie "leiden"? Die Gehirne arbeiten elektrisch und chemisch. Gute Chemie mögen sie. Noch mehr aber erfreut sie eine aktive und permanente Herausforderung von außen. Bei Sinnentzug und Leerlauf der Sinne, quasi "arbeitslos", verhalten sich die Neuronen als wären sie "unglücklich": Obwohl die Biophysiker bezweifeln, dass sie sich in Gefühlen äußern, so wie wir es tun. Das Hirn hat keinen eigenen Kopf. Das, was wir Kopf nennen, ist eine Kombination und Vorstellung, die wir uns machen. Wir Menschen sind, sagt die Biophysik, vielköpfige Lebewesen.
Dr. Andrew Plested, Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie in Berlin, berichtet.