Das Anthropozän / Reinhold Leinfelder: Auf dem Weg in ein neues Erdzeitalter Bisher nannte man das Erdzeitalter, in dem wir leben und in dem die Menschheit sich entwickelte, das Quartär. Im Gegensatz zum Zeitalter der Dinosaurier oder zu noch früheren Epochen. Inzwischen lässt sich auf der Erde eine neuartige Sedimentschicht feststellen, bestehend aus den Resten von Plastik, Metallen und anderen Produkten von Industrie und menschlicher Geschichte. Die Internationale Stratigrafische Kommission, die für die Einteilung der Erdzeitalter zuständig ist, prüft deshalb, unsere Gegenwart und Zukunft als ein neues Zeitalter zu benennen: Das Anthropozän, nämlich die Zeit, die eine von Menschen geprägte Erdoberfläche besitzt. Die Plastik-Sedimente in den Meeren und die Müllbelastungen der Landoberflächen haben einen für die Geologen deutlich sichtbares Zeichen gesetzt. Prof. Dr. Leinfelder, Begründer des Hauses der Zukunft in Berlin und Universitätslehrer über die Kennzeichen, Ursachen und Folgen des Anthropozän. Spannend und informativ. Philosophie der sinnlichen Kraft Christoph Menke, dritte Generation der Frankfurter Kritischen Theorie, über den Prozess der Freiheit Zur Frankfurter Kritischen Theorie zählen Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Walter Benjamin und Jürgen Habermas. Von dieser Theorie gibt es inzwischen eine dritte Generation. Ein wichtiger Vertreter dieser neuen Generation ist Christoph Menke. Sein Lehrstuhl heißt: praktische Philosophie. Er befasst sich in gleicher Weise mit den Kräften im Menschen, die sich auf die Wahrnehmung und das Ausdrucksvermögen beziehen (Theorie der Ästhetik) wie auf die Kräfte, die sich auf Recht, Gleichheit und Befreiung richten (politische und praktische Philosophie). Der Prozess der Freiheit, sagt Christoph Menke, wohnt der menschlichen Evolution inne. Er stützt sich auf einen Freiheitsdurst der Sinne selbst, also nicht bloß auf den Eigenwillen und dessen Zähmung. Sinneskräfte sind dabei nicht bloß Sehen, Hören, Tasten, Schmecken, Riechen, also die fünf Sinne, sondern auch die gesellschaftlichen Sinne, deren Zahl nicht messbar ist. Alle diese Kräfte wetteifern in ihrer Tendenz zur Freiheit miteinander. Die Ausdrucksvermögen der Kunst (das "Können") und die Unruhe der sinnlichen Kraft sind hierbei die Motoren im Prozess der Freiheit. Christoph Menke spricht in seinen Publikationen von der "Souveränität der Kunst" und von einer "politischen Philosophie nach Th. W. Adorno und Jacques Derrida". Eine wohltuend praktische Richtung moderner Theorie. Begegnung mit Christoph Menke, zur Zeit Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. "Immer radikal, niemals konsequent" Biograph Jennings: "Wie Walter Benjamin mit Ideen spielt, spielen die Kinder mit Waffen" Bei Ausbruch des ersten Weltkriegs ist Walter Benjamin 22 Jahre alt. Er gehört zu dieser Zeit zu einer der Fraktionen der Jugendbewegung, die einen neuen Menschen ins Auge fasst. In den 30er Jahren arbeitet er eng mit Bert Brecht zusammen. 1940 begeht er, auf der Flucht vor den Häschern des Dritten Reichs, Selbstmord. Sein Werk, das eine stark fragmentarische und zugleich eine Struktur der Zusammenhänge aufweist, gehört zu den Grundfesten der Moderne. Mike Jennings, Princeton University, ist der Biograph Benjamins. Alle Texte und Werke Benjamins greifen die Dinge an der Wurzel und sind im wörtlichen Sinne des Wortes "radikal". Niemals beugt sich Benjamin jedoch einem Schema, einer Doktrin, einer bloßen Fortsetzung eines gefundenen Ansatzes aus Verstandesgründen. Vielmehr geht es ihm, sagt er, darum, die in der Ding- und Warenwelt und die in den Phantasmagorien der menschlichen Köpfe verborgenen ungeschriebenen Texte zu lesen. Dazu gehört Offenheit, nicht bloße "Konsequenz". Auch in für die europäische Moderne zeitweise aussichtsloser Situation, als der Faschismus in Europa überall im Vordringen ist, sucht Walter Benjamin - gemeinsam mit Bert Brecht - nach den Elementen eines Neuanfangs. Noch als die deutschen Truppen 1940 schon zu ihrem Sprung nach Paris ansetzen, schreibt Benjamin an seinem Passagenwerk und vor allem an dem Projekt über seine Berliner Kindheit. Er verbindet die Erfahrung eines Erwachsenen mit den stets neugierigen Augen eines Kindes: Ein Fall von "philosophischer Neotenie". Ein Blick auf den kreativen und beharrlichen Widerstandsgeist Walter Benjamins. Landkarten des Körpers im Geist Prof. Dr. Brecht über die bisexuelle Architektur unseres Gehirns Zu den Geheimnissen der Evolution gehört die Tatsache, dass die Architektur im Gehirn aller Wirbeltiere, also auch von uns Menschen, bisexuell ist. Während sich im Äußeren die Geschlechtsmerkmale deutlich unterscheiden, sind sie auf der Landkarte des Gehirns, also in ihren Abbildungen in den Milliarden Neuronen im Kopf, fast nicht zu unterscheiden. Einige dieser Rätsel der Evolution dürfen aus ethischen Gründen nicht am Menschen selbst untersucht werden. Ein herausragend geeignetes Tier für die paläobiologischen und biologischen Untersuchungen ist ein sehr kämpferisches, bewegliches, intelligentes und aggressives Lebewesen, das zu unseren Vorfahren zählt: die etruskische Zwergspitzmaus. Sie ist körperlich so klein, dass sie, um die Hitze ihres Körpers auszubrüten, permanent jagen und fressen muss. Für die Navigation ihrer extrem raschen Bewegungen ist die Empfindlichkeit ihrer Barthaare entscheidend. Schaltungen zwischen Körper und Geist, die bei großen Lebewesen wie den Elefanten oder uns Menschen stark verlangsamt und gelegentlich verkümmert sind, sind bei diesen Winzlingen in vivo und mit allen Attributen der "Not, die erfinderisch macht" zu beobachten. Prof. Dr. Michael Brecht, Wissenschaftler am Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience und der Humboldt-Universität zu Berlin, führt auf eine Forschungsreise in die Landschaften des Körpers, wie sie sich im Gehirn darstellen: "Die Innenausstattung von Angriffsgeist, Intelligenz und Feinsteuerung". Der Kampf des Dunklen für das Licht Astrophysiker Adalbert W. A. Pauldrach: Ohne dunkle Materie gäbe es keine Sterne Unser Weltall ist 13,4 Mrd. Jahre alt. Von Anfang an kämpften zwei Mächte miteinander: die dunkle Materie und die dunkle Energie. Die dunkle Materie führt zu einer Kontraktion der Masse und enthält eine starke gravitative Kraft. Die dunkle Energie treibt die Materie auseinander und führt zu einer Expansion des Universums. Bisher war die dunkle Materie in der Lage, die Macht der dunklen Energie zu zähmen. Ist dieses Gleichgewicht von Dauer? Der Astronom Fritz Zwicky war der Entdecker der geheimnisvollen dunklen Materie, weil er feststellte, dass die Milchstraßen nicht stabil wären, würden sie nicht von einer dunklen gravitativen Kraft umhüllt und getragen. Die dunkle Materie, die mit unserer gewohnten baryonischen Materie nicht reagiert, hat noch kein Forscher direkt gesehen und doch ist es sicher, dass diese Kraft die Gleichgewichte im Kosmos aktiv herstellt. Ohne dunkle Materie gäbe es kein Sternenlicht. Der Astrophysiker Adalbert W. A. Pauldrach berichtet über eines der merkwürdigsten Geheimnisse des Universums. Der Modeschöpfer Helge als Schneider und am Mini-Moog Der beliebte Musikdarsteller zurück in mehreren neuen Rollen. Als Modeschöpfer erweist er sich als Meister des "weniger ist mehr". Dies steigert sich in Helges Rolle als "Napoleon in Mülheim", als "Eulenspiegel", während eines Aufenthalts im wüsten Harzgelände und als britischer Reitersmann im Krimkrieg. Besonders emotional: Helge Schneider über das Weinen. Mit viel Musik. Gitarre, Saxophon, Akkordeon und Mini-Mogg. Romantiker ist, wer die Welt persönlich nimmt Ulrike Sprenger über "Lord Jim", den Jahrhundertroman von Joseph Conrad Der rostige Dampfer Patna transportiert um 1900 für billiges Geld einige Hundertschaften muslimische Pilger, die sich auf der Reise nach Mekka befinden. In der plötzlichen Annahme dieser Seelenverkäufer werde sinken (tatsächlich ereignet sich ein Wassereinbruch im Bug und das letzte Schott ächzt unter dem Druck), verlassen Kapitän und Mannschaft das Schiff. Es ist Nacht. Die ahnungslosen Muslime werden ihrem Schicksal überlassen. Ein idealistischer Seeoffizier, in Joseph Conrads berühmten Roman "Lord Jim" genannt, wird zum Mitläufer. Sein ganzes Leben lang träumte dieser Romantiker von Bewährung in großen Taten. Jetzt sitzt er mit feigen Verrätern im Rettungsboot und blickt auf das Schiff zurück, das immer noch nicht sinkt. Lord Jim verliert vor einem Seefahrtsgericht sein Patent als Marineoffizier. Später gerät er in Holländisch-Indien in eine gefährliche Situation, in der er sein charakterliches Idol durch Opferung seines Lebens erfüllt. Dies ist die äußere Handlung des Romans, der Joseph Conrad auf einen Schlag berühmt machte und eine neuartige, bis heute nicht übertroffene Form des NARRATIVEN REALISMUS entwickelte. Die Romanistin Prof. Dr. Ulrike Sprenger, Universität Konstanz, kommentiert den Roman des polnisch-britischen Dichters. "Romantiker ist", sagt sie, "wer die Welt persönlich nimmt". Im Zoo der Intoleranz J.F. Halévys Grand Opera LA JUIVE an der Bayerischen Staatsoper München Der größte Opernerfolg des Komponisten Jacques Fromental Halévy, des Schwiegervaters von Georges Bizet, war die Grand Opera DIE JÜDIN, französisch LA JUIVE. Das 1835 uraufgeführte Werk war lange Zeit die Lieblingsoper der Pariser Gesellschaft und sie faszinierte den jungen Marcel Proust. Es geht um das Requiem für eine geopferte Frau. Die Handlung spielt zur Zeit des Konzils in Konstanz im Jahre 1414. 30 Jahre zuvor hatte ein Jude in ein Mädchen ein Mädchen aus einem brennenden Patrizierhaus gerettet. Er zog das Kind als seine Tochter, also als Jüdin, auf. Der biologische Vater dieses Mädchens hat als Kardinal und oberster Richter den Vorsitz des Konzils von Konstanz inne. Er weiß nichts von der Rettung seines Kindes. Das Ganze spielt im Umfeld religiös erhitzter, gewalttätiger Menschen. Weil er am heiligen Sonntag als Goldschmied arbeitet, wird der Ziehvater des Mädchens, das Rahel heißt, verhaftet und zum Tode verurteilt. Die Tochter tritt für ihn ein. Wegen einer komplexen Intrige wird auch sie zum Tode verurteilt und zwar von ihrem eigenen Vater. Der Trauermarsch, der den letzten Akt eröffnet und die Hinrichtung des schönen Mädchens (einer Christin, die sich für eine Jüdin hält) ging bei Uraufführung und geht heute tief unter die Haut. An der Bayerischen Staatsoper München hat Calixto Bieito dieses "Drama der Irrtümer und Missverständnisse" völlig neu und emotional stark inszeniert. In der Rolle der Rahel überragend: Aleksandra Kurzak. |
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July 2017
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