„Jedes Tischtuch erzählt“ /
Uwe Walter: Wie die Seele in den Medien ihre Wege sucht
Erfahrene Medienexperten wissen, dass Menschen nicht nach nackter Information hungern, sondern dass sie alle Informationen gut erzählt haben wollen. Bei solchem Erzählen sprechen im Menschen viele Stimmen miteinander, oft ist es ein Chor. Das ist die Musik, von der die menschliche Seele sich nährt.
Man beobachte, wie eine selbstbewusste Frau wie Scarlett O`Hara, die der Roman Vom Winde verweht beschreibt, mit ihren Erfahrungen umgeht. Sie fühlt sich nicht als Zuschauerin ihres Lebens, sondern als dessen Produzentin. Dieses Leben ist ihr so wichtig, dass sie sich nicht auf sich allein verlässt. Sie richtet also ihr Interesse auf das, was ihr Idol, der junge Mr. Ashley, denkt, ein Mann aus einer ganz anderen, vornehmeren Gesellschaftsschicht. Und außerdem spricht in ihr die Stimme des Abenteurers Rhett Butler, der später ihr Mann sein wird. Man würde dessen Stimme heute der Zielgruppe der technischen Intelligenz zurechnen. Meist streitet sie mit dieser inneren Stimme, wie sie auch in ihrer Ehe mit ihm Debatten führt.
Es sind also drei verschiedene innere Stimmen, mit denen das Erzählen in Scarlett O`Hara anfängt. Diese Art von Erfahrungsverarbeitung auf der erfolgreiches Erzählen beruht, ist bei jedem Menschen anders. Fast nie ist es eindimensional.
Wenn in den Medien Menschen zappen oder surfen, ist das der Versuch der Seele, sich ihre eigenen Wege zu bahnen. Auch wenn der Abend dann Enttäuschung bringt, weil nichts zu finden ist, wird die Seele ihre zielsichere Suche nicht aufgeben. Oft ist es dabei eine Nebensache, die mit der sogenannten „Handlung“ oder der „Nachricht“ nichts zu tun hat, die die Phantasie belebt und nährt. In diesem Sinne behauptet der Mediencoach Uwe Walter: „Jedes Tischtuch erzählt“.